Eine Runde um die Olympic-Halbinsel

Kilometerstand: 13.445 km

In Port Angeles treffen wir wieder auf das Festland. Es ist ein ganz besonderer Platz, denn die kleine Stadt liegt an der Nordküste der ‚Olympic Peninsula‘. Ihren Namen bekam die Halbinsel, weil sie aus Sicht der ankommenden Siedler gleich hinter Olympia, der Hauptstadt des Staates Washington liegt. Sie ist zu einem großen Teil Naturschutzgebiet, in dem es immer noch Reste des gemäßigten Regenwaldes gibt – ein dichter Urwald, wie wir unterwegs feststellen können.

Der Wald hat seinen Namen nicht zu Unrecht, denn es regnet hier naturgemäß recht häufig.

Auch als wir die ersten Meter in die Stadt fahren fängt es leicht zu regnen an – aber wie wir alle wissen, gibt es kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung und so fühlen wir uns in unseren Kombis bis oben hin bestens verpackt.

Wir nehmen die 101, auf der man um die gesamte Halbinsel fahren kann. Kaum sind wir aus der Stadt verschlingt uns der Wald, durch den wir wie in einem Tunnel fahren.

Wie wir uns einen Dschungel vorstellen, so sieht es hier aus – dicht, dunkel und die Baumstämme kreuz und quer und von unten bis oben dick bemoost.

Nach einer Weile tauchen, obwohl wir schon in gutem Tempo unterwegs sind hinter uns Scheinwerfer eines weiteren Motorrads auf. Als es näher kommt, können wir die Goldwing von Dave und Lyliane erkennen. Wir haben die beiden auf dem Schiff kennen gelernt und konnten uns, weil es am Ende der Überfahrt schnell von der Fähre runter ging, nicht mehr verabschieden. An der nächsten Tankstelle halten wir an und stellen bei der Gelegenheit fest, dass wir die nächsten Kilometer noch den gleichen Weg haben. Wir fahren also zusammen bis an die Küste und verabschieden uns dann.

Dave and Lyliane: It has been a great pleasure to meet you and to ride together.

Wir wollen weiter nach Süden.

In Tillamook, es liegt südlich der Mündung des Columbia Rivers und damit bereits in Oregon, soll am Wochenende das County Rodeo steigen. Da wollen wir uns ganz ursprünglichen Western Sport ansehen. Das Rodeo findet am Samstag Abend und Sonntag Nachmittag statt. Da die Sonne scheint, als wir am Samstag Nachmittag ankommen, wollen wir das gute Wetter nutzen und gehen gleich zum Abendwettkampf.

Nach der Parade der Rodeo-Queens und den Flaggen der Sponsoren – natürlich alle zu Pferd – bringt eine Reiterin am Ende der Eröffnungsparade zur a capela gesungenen Nationalhymne das Sternenbanner in die Arena.

Kaum sind die Töne verklungen, laufen die Wettbewerbe Schlag auf Schlag ab.

In drei Stunden sehen wir Tonnenreiten,

Bull Riding, wilde Pferde reiten, Kälber einfangen. Für uns sind die Wertungen, die es für jeden Wettbewerb gibt, eher nebensächlich, allein das Spektakel schlägt uns in seinen Bann.

Verwegen reiten die Cowboys auf den wilden, bockenden und buckelnden Pferden in die Arena und versuchen sich für 8 sek auf deren Rücken zu halten.

Manche schaffen das und springen fast entspannt vom Pferd, andere sind nach dem dritten Sprung des Pferdes in hohem Bogen auf dem Weg in den Sand.

Zwei Cowboys auf dem Pferd sind immer in der Nähe, um sofort eingreifen zu können, sollte es nötig sein. Das folgende Bull Riding ist noch spektakulärer. Besonders was die unberechenbaren Bewegungen und Sprünge der Tiere anbetrifft.

Hier schafft es fast keiner, die geforderte Zeit auf dem Bullen zu bleiben und die Abstürze sind spektakulär.

Ein Jugendreiter fliegt am Rande einer riesigen Schlammpfütze vom Bullen und landet mit dem Gesicht voraus in der Brühe – kein Grund für die Zuschauer schadenfreudig zu sein. Mit ein paar aufmunternden Worten des Stadionsprechers und der Anmerkung, dass niemand gesagt habe, er würde hier nicht schmutzig werden, wird der Sturz abgehakt.

Beim Tonnenreiten zeigen die jungen Damen wie Beweglichkeit und Explosivität auf dem Pferd aussieht – grandios.

Nicht zuletzt das Einfangen eines Kalbes mit dem Lasso, es umzuwerfen und die Beine zu fesseln, bevor es die andere Seite des Korrals erreicht hat, ist eine Meisterleistung an Koordination und Geschwindigkeit.

Wir erleben einen schönen und spektakulären Abend, so, wie ihn die Landleute hier immer noch gerne mitmachen.

Tillamook liegt auf dem Land und so ist es nicht verwunderlich, dass wir stundenlang durch den Wald fahren um von hier zum Mount St. Helens zu gelangen. Auf dem Weg dahin kommen wir durch Vernonia, das in sonntäglichem Vormittagsfrieden verharrt. Kein Mensch ist auf der Straße, als wir auf die Hauptstrasse einbiegen und einen Porsche 356 Coupé vor einem Café stehen sehen. Kaum abgestiegen sehen wir uns das Prachtstück genauer an und stellen fest, dass die Eigentümer Sue und  Ron im Café sitzen. Wir holen uns einen Cappuccino und werden von den beiden eingeladen, ihnen an ihrem Tisch Gesellschaft zu leisten. Natürlich machen wir das gerne und setzen uns dazu.

Der Mount St. Helens dürfte den Älteren unter uns noch in guter Erinnerung sein. Denn als er am 18. Mai 1980 ausbrach, pustete er zuerst einen Teil seines Gipfels -er ist seither um 400 m niederer – in die Nachbarschaft und dann eine riesige Staubwolke in die Stratosphäre. Sie war so dicht, dass in den östlich gelegenen Landkreisen der Tag zur finsteren Nacht wurde und alles mit grauer Asche bedeckt war. Und sogar bei uns in Europa färbte sich das Abendrot wegen des Staubes in der Atmosphäre noch viel intensiver, als bis dahin.

Den Berg wollen wir uns ansehen!

Wir starten am Eingang des Nationalparks bei durchwachsenem  Wetter und hoffen, dass wir trotz der Wolken den Gipfel sehen werden. Ein Park Ranger macht uns Hoffnung, dass sich die Wolken lichten könnten – und tatsächlich, nach gut einer Stunde Fahrt kommen wir am Aussichtspunkt an und haben einen wunderbaren Blick in den Krater.

Die Landschaft zwischen uns und dem Berg gleicht einer Mondlandschaft. Noch immer haben sich keine Pflanzen auf der Asche angesiedelt.

Schmelzwasser und Regen formen das Gelände immer noch sehr kräftig. Vor uns sehen wir eine gut 60 m tiefe Rinne in der Asche. Die Park Ranger erzählen, dass diese erst in den letzten Jahren entstanden ist.

Hier ist im Zeitraffer zu sehen, wie viele unserer Landschaften, in wesentlich längeren Zeiträumen, entstanden sein könnten.

Den ruhenden Nachbarn Mount Rainier, wie der Mount St. Helens auch über 4.000 m hoch, und damit ein richtig großer Berg in der Landschaft sehen wir am nächsten Tag nicht, obwohl wir ihm auf 1.800 m Höhe entgegen fahren.

Er bleibt in dichten Wolken versteckt, zeigt uns aber ein wenig von seiner Tierwelt. Eine Füchsin führt vor unserer Nase ihre Jungen aus – leider ist nur sie auf dem Foto.

Am Ende der Umrundung der Olympic-Halbinsel kommen wir nach Seattle, die Stadt, in der Microsoft und Boeing zu Hause sind.

Da es bei Microsoft nichts Spektakuläres zu sehen gibt, wählen wir Mukilteo, eine kleine Stadt mit Fähranleger im Norden von Seattle. Boeing hatte für die Produktion des Jumbos die Nachbarstadt Everett gewählt und sich dort am Rand des Regionalflughafens, der aber zum Werksflughafen ausgebaut wurde, angesiedelt.

Wir buchen die ‚Factory Tour‚, denn schon einmal hier, wollen wir im größten Gebäude der Welt (nach Volumen) die Produktion der neuesten Flugzeuge von Boeing, der 747-8, der 767, der 777 und der 787 (Dreamliner) sehen – und was soll ich sagen, es ist spektakulär! Die Halle hat ca. 400.000 m² überdachte Fläche und hat mehr als 13 Mio. m³ umbauten Raum. Die Halle ist so breit, dass vier 747 hintereinander auf ihren Montageplätzen stehen können und über der Spitze des Leitwerks haben noch Kranbahnen und die Versorgungsleitungen Platz. Von unserem Besucherbalkon sehen wir aus gut 20 m Höhe die Montage. Die Boeing Leute sind sehr stolz darauf, dass die Endmontage eines Dreamliners auf dem Fließband stattfindet und nur noch ca. drei Tage in Anspruch nimmt. Die 747 wird dagegen mit wesentlich höherer Fertigungstiefe an Ort und Stelle zusammen gebaut und das braucht ca. vier Monate. Daher ist der Dreamliner auch das billigste, wenngleich das mit Abstand modernste der vier hier gebauten Flugzeug aus dem Hause Boeing.

Leider sind keine Fotos und auch keine elektronischen Geräte erlaubt. So können wir nur die überwältigenden Eindrücke und keine visuellen Erinnerungen mitnehmen. Das Bild von der Produktionshalle hab ich bei Wikipedia geliehen

und den startenden ‚Dreamlifter‘, eine umgebaute 747, können wir von außerhalb des Zaunes fotografieren.

 

Und am Ende lässt sich der Mount Rainier doch noch sehen.

 

Ab Freitag Abend werden wir auf See sein und mit der MV Columbia von Bellingham nach Haines in Alaska fahren. Wie es dann dort weiter geht, im nächsten Blog.

 

7 Antworten auf „Eine Runde um die Olympic-Halbinsel“

  1. Go for Canada, eyh!
    Facharbeit almost finished, eyh!
    Weather is great, eyh, 34°C eyh!
    Happy Motorcycle-Shipping, eyh!
    Der Rasen ist mittlerweile auch schon wieder wunderschön GRÜN!
    Liebe Grüße und weiterhin gute Fahrt!

  2. Liebe Kati, lieber Paul,
    Spätestens am Sonntag sind wir wieder am neuesten Stand eurer wieder beeindruckend gestalteten Reisereportage. Wir wünschen euch weiterhin super Erlebnisse und eine tolle Zeit. Wir denken oft an euch – natürlich auch immer am Tennisstammtisch.
    Bleibt gesund und habt weiterhin so viel Freude!
    Liebe Grüße von Robert und Doris

  3. Hallo Ihr beiden,
    na da habt Ihr ja in den letzten Wochen wieder viel gesehen. Ich habe gerade auch die Geschichten und Fotos von Vancover und Victoria genossen weil wir selbst schon da waren. Einfach eine tolle Gegend zwischen Großstadt und Natur. Und das Erlebnis „Inside Passage“ hatten wir damals auch. Das ist schon eine besondere Schiffsreise. Für Alaska wünsche ich Euch „geeignetes“ Wetter und viele interessante Tage. Also weiter Alles Gute und immer gute Fahrt.
    NB: Ich werde übrigens mit der Familie vom 21.07.12 bis 14.08.12 im Osten von Kanada sein. So zwischen Toronto und Quebec. Wenn Ihr also gegen Mitte Aug. bereits in der Gegend sein solltet könnten wir uns glatt treffen.
    Viele Grüße Gerhard.

  4. Liebe Kathi, lieber Paul,
    so schöne Reiseberichte, einfach großartig. Freuen uns schon sehr auf den Lifebericht. Toll, daß Ihr auf den Mt. St. Helens gekommen seid. Bei uns schneite es seinerzeit und mit einem nicht so übermäßig geländegängigen RV darauf zufahren, das haben wir uns nicht angetan. Viel Spaß in Alaska, Ihr seid schon einzig. Liebe Grüße, Eure Margot und Max

  5. Hallo Kathy und Paul, mit Sehnsucht verfolgen wir Eure Reiseroute.
    Von den Bildern sind wir sehr beeindruckt und hoffen, bald wieder
    los zu fahren. Konstanzes Motorrad ist wieder startklar und Wüsten
    tauglich. Wenn das Geld zusammen ist, geht es wieder los.
    Viele Grüße von Harald und Konstanze.

  6. Hallo Kathi und Paul!
    Es ist schon beeindruckend was Ihr Beide in so kurzer Zeit erlebt. Wir wünschen Euch weiter viel Spaß und ein unfallfreies Fortkommen. Eure Bilder und die Beschreibungen sind Spitze.
    Georg

  7. Hallo Kathy und Paul beeindruckend Deine Fotos uns Deine Berichte.
    In Dir ist ein Journalist verloren gegangen. Leider stimmen mich die Seiten neidisch . Bitte sende mir ein Foto wo Du gestresst bist oder
    an einem Schreibtisch sitzt. gruss isidor

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