Sommer in Alaska

Kilometerstand: 20.820 km

 

Wir verlassen Fairbanks und machen uns ohne Eile auf dem George Parks Highway auf nach Süden. Süden ist hier, wo Anchorage und die Kenai Halbinsel  liegen. Es ist zwar trocken aber leider haben die Wolken die Oberhand, so dass wir keinen Versuch unternehmen, dem höchsten Berg Nordamerikas, dem Mount McKinley  (6.184 m) oder Denali, wie er hier heißt, unsere Aufwartung zu machen. Die gesamte Gebirgskette im Denali Nationalpark hüllt sich in Wolken und so hat es keinen Sinn, den langen Weg in den Park zu unternehmen.

Wir kommen daher in Anchorage, der heimlichen Hauptstadt und dem wirtschaftlichen Zentrum Alaskas, schon einen Tag früher, als geplant an.

Das gibt uns Gelegenheit, die Stadt und die Umgebung zu erkunden.

Anchorage ist immer noch ein Drehkreuz für Flüge über den Pol und so fallen die vielen Flugzeuge auf, die über dem Cook Inlet zur Landung einschweben.

Anchorage hat fast 300.000 Einwohner, das sind nahezu die Hälfte aller Einwohner Alaskas, die sich auf einer Fläche verteilen, die 4,8 mal so groß ist wie Deutschland.

Ein Land, das immer noch Pioniere brauchen kann.

Ein Ausflug von Anchorage führt uns auf dem Sterling Highway,

entlang des Cook Inlets, in das Portage Tal mit dem gleichnamigen Gletscher.

Am Talende gibt es einen kleinen Tunnel nach Whittier.

Er wurde ursprünglich für eine Eisenbahnlinie gebaut. Erst nachdem diese von einer neuseeländischen Gesellschaft übernommen wurde, machten sie ihn für Zug und Autos passierbar, genau so, wie sie das von zu Hause kennen.

Die Schienen sind in Betonplatten  verlegt und so wird der Tunnel einspurig im Wechsel auch für Autos und (!) Motorräder – Vorsicht, Vorsicht, die Gleise !?!?!? – befahrbar – Züge fahren natürlich exklusiv.

In Whittier legen Kreuzfahtrschiffe an, die für ihre Passagiere Tagesausflüge zu den umliegenden Gletschern anbieten – ein riesen Geschäft für den 500 Seelen Ort.

Wir setzen unsere Reise auf dem Sterling Highway fort

und besuchen weiter im Süden der Kenai Halbinsel den Ort, von dem sie ihren Namen hat. Hier mündet der Kenai Fluß ins Meer.

Wir haben Glück und sind rechtzeitig zum ’salmon run‘ da. Das bedeutet, dass gerade der rote Lachs durch das Mündungsgebiet den Fluss hinauf zu ziehen beginnt. Für die Einheimischen ist das die Gelegenheit, sich für den kommenden Winter mit Lachs einzudecken. Dieses Jahr sind  so viele Fische unterwegs, dass die Fischereibehörde neben den allgemein freigegebenen Tagen Montag und Donnerstag auch noch zwei weitere Tage, nämlich Sonntag und Dienstag für den Fischfang frei gegeben hat. Jede vierköpfige Familie darf um die 50 Lachse fangen, so erzählt man uns.

Nach dem Fang muss die Schwanzflosse jedes Fisches schräg abgeschnitten werden, so werden Lachse für den Eigenbedarf gekennzeichnet. Hunderte Fischer stehen mit ihren „halslangen“ Stiefeln  bis über dem Bauch im Wasser und warten, bis ein Lachs in ihr Stipnetz schwimmt – mit Angel und Köder wäre hier nichts zu machen, denn die Lachse fressen auf dem Weg in die Flüsse nicht mehr, bis sie in ihrem Laichgebiet angekommen sind.

In Homer beziehen wir ein Zimmer bei Brigitte und Willi in „Brigittes Bavarian Bed & Breakfast„.

Von dort eröffnet sich uns eine zauberhafte Aussicht über die Kachemak Bay und den Homer Spit, die weit in die Bucht hinaus reichende Landzunge.

Auf der gegenüber liegenden Seite der Bucht wälzt sich ein Gletscher aus den Bergen fast bis ans Meer.

Die Gipfel sind noch reichlich mit Schnee vom letzten Winter bedeckt.

Wir genießen nicht nur das wunderbare Zimmer,

den schönen Garten

und die wunderbare Aussicht,

sondern lassen uns auch das köstliche Frühstück mit Lachs, Rösti, selbstgemachtem Brot und Marmelade schmecken – eine Empfehlung von Christina, vielen Dank! Und auch vielen Dank für die Gastfreundschaft an Brigitte und Willi.

Wieder zurück in Anchorage soll meine Perla Negra II zu ihrem 20.000 km Kundendienst kommen. Die Leute in der Werkstatt von ‚The Motocycle Shop, Anchorage, Alaska‚  machen das perfekt und so kommen wir mit frischem Öl und eingestellten Ventilen wieder auf die Strasse, den Glenn Highway der in den Richardson Highway einmündet und uns nach Valdez bringt.

Kleine Geschichte am Rande: Der Glenn Highway ist eine wunderbar ausgebaute Strasse und hat nicht viel Verkehr. Da kommt auch der ruhigste Mopedfahrer auf die Idee, die Geschwindigkeit den Möglichkeiten anzupassen und dabei die vorgeschriebenen 55 mph = 92 km/h zur Seite zu legen. Mein Tacho wollte die 100 km/h gerne überschreiten und so hab ich dem Verlangen nachgegeben. Wir cruisen so dahin, als uns eine größere Limousine entgegen kommt, die ich erst, als der Sheriff das Rot-Blaulicht und ‚Musik‘ einschaltet, als Polizeiauto erkenne. Ich nehme sofort das Gas raus und halte am Seitenstreifen an, während ich im Rückspiegel die fesche Wende meines Häschers beobachten kann. Er hält hinter uns und kommt auf der rechten Seite auf uns zu. Natürlich hat er das fremde Kennzeichen längst entdeckt. Er hat nicht die obligatorische Cap auf und macht einen recht entspannten Eindruck. Lächelnd fragt er nach dem Führerschein und während ich nach meinem Führerschein nestle, bemerkt er Kathy gegenüber, dass heute ein schöner Tag für einen Motorradausflug ist – wir haben prächtiges Wetter! Ich händige ihm den roten Lappen mit den Worten „ein deutscher Führerschein“ aus. „Verstehe“ sagt er und dreht ihn hin und her; ich frage: „wieviel waren es denn?“, darauf er: „73“ (=113 km/h). Dann gibt er mir das Ding mit folgenden Worten zurück (hier muss es das Original sein, bitte mit Google Übersetzer arbeiten): ‚….German drivers license‘ …längere Pause…‘ it would be a pain in my ass to write you a tiket, so….do not speed, it is 55 mph …. have a nice day.‘ Lächelnd dreht er sich um und verlässt die Szene – ein netter Mensch der schmerzfreie Tage liebt. Thank you and have many nice days!

Es gibt natürlich keine Bilddokumente dieser kleinen Episode am Strassenrand.

Valdez ist eine kleine Fischerstadt,

hier endet aber auch die Trans-Alaska-Pipeline. Vielen ist der Name sicher noch im Zusammenhang mit dem Unglück des Supertankers Exxon Valdez ein Begriff.  Sie liegt am Ende des Prince William Sound und ist von hohen Bergen umgeben. Die Stadt wird von Sportanglern wegen der riesigen Fische, die dort zu fangen sind, geliebt.

Bei uns kam sie auf die Liste, weil von hier auch Bootstouren zu einigen der Gezeitengletscher starten. Das sind Gletscher, bei denen das Eis bis direkt ins Meer reicht.

Wir gehen mit auf die Fahrt zum ‚Meares Glacier‘ und sind dafür einen ganzen Tag auf dem Prince Williams Sound unterwegs.

Haben wir schon einige Tiere Alaskas vom Motorrad aus gesehen, so schwimmen uns die Wasserbewohner direkt vor den Bug unseres Ausflugsbootes. Seeotter, die ‚alten Männer des Meeres‘ schwimmen dutzendweise auf dem Wasser.

Sie lassen sich durch uns nicht aus der Ruhe bringen. Die Kapitänin unterschreitet aber auch den „Anstandsabstand“ nicht, so dass sie keine größere Störung in unserer Anwesenheit sehen.

Am Gletscher angekommen, baut sich eine gut 60 m hohe Eiswand vor uns auf. Die Kapitänin hält das Boot an und stellt die Maschinen ab. Es wird ganz still um uns. Auf den Eisbrocken vor uns liegen Seehunde und dösen.

Plötzlich – ein Grollen wie Donner aus dem Eis – es regt sich jedoch nichts. In der nächsten Minute bricht ein großes Stück aus der Eiswand vor uns. Mit lautem Knirschen und Rauschen fällt es ins Wasser und löst eine meterhohe Welle aus.

Minuten später taucht es wieder auf und dreht sich immer wieder um, so lange, bis es eine stabile Lage im Wasser gefunden hat – ein eindrucksvolles Schauspiel. Gewaltige Kräfte werden frei. Aus sicherer Entfernung, gut 300 m von der Eiswand entfernt, beobachten wir das Spektakel.

Bei Sonnenschein machen wir uns nun wirklich auf zurück nach Kanada und in den Südosten. Über den Richardson Highway und den Tok Cutoff biegen wir in Tok auf den Alaska Highway ein, den wir uns bis zu seiner ‚Mile 0‘ in Dawson Creek vorgenommen haben. Er führt von Dawson Creek nach Delta Junction und ist 2.288 km lang. Die 174 km zwischen Tok und Delta Junction sind wir vor zwei Wochen nach Fairbanks gefahren, so dass wir nun in südliche Richtung die restlichen 2.114 km unter die Räder nehmen werden. Die Strecke führt durch endlose subarktische Weiten, wir sind stundenlang fast alleine auf der Strasse unterwegs. Rastplätze liegen viele Kilometer auseinander und Tankstellen und Lodges gibt es auch nicht viele zwischen den größeren Orten. Die Strasse wurde auf lange Strecken auf Permafrost Boden gebaut. Das bedeutet, dass es viele Stellen gibt, an denen sie sich um mehrere Zentimeter und manchmal um einen halben Meter gesenkt hat. Das führt zu gebrochener Teerdecke und dort, wo die Strasse abgesackt ist, zu regelrechten Sprunghügeln. Unsere Perla Negra II scheint für solches Gelände wie geschaffen, denn trotz der schweren Beladung steckt das Fahrwerk die Wellen klaglos und ohne überraschende Effekte weg. Wir passieren alle möglichen baulichen Raritäten,

z.B. die mit 560 m längste Brücke mit Stahlgitterbelag in Teslin

und auch die Kiskatinaw Brücke, eine 162 m lange hölzerne ‚Kurvenbrücke‘,

die allerdings nur noch auf der Strecke der alten ALCAN – wie der Alaska Highway auch genannt wird, kurz vor Dawson Creek zu befahren ist.

Den heutigen Verkehr würde sie sicher nicht lange überstehen.

Und natürlich halten wir auch in Watson Lake und sehen uns den ‚Sign Post Forest‘ an.

Heimweh brachte einen amerikanischen Soldaten der Baumannschaft 1942 dazu, das Ortsschild seiner Heimatstadt mit der Entfernungsangabe aufzustellen. Das Original wurde zwar geklaut, aber seither sind über 70.000 Schilder dazu gekommen.

Hin und wieder begegnen uns auch die Einheimischen in dieser Gegend.

Am Muncho Lake machen wir in der ‚Northern Rockies Lodge‚ für eine Nacht halt.

Sie liegt traumhaft schön am See, an dem der Chef des Hauses, ein ausgewanderter Schweizer, seinen Lebenstraum liegen hat. Er hat vor mehr als 25 Jahren in Alaska als Bush Pilot angefangen und nun betreibt er zusammen mit seiner Frau das Hotel.

Als Bush Pilot fliegt er seine Gäste immer noch gerne in die unberührte Wildnis der Umgebung.

Wir nehmen die letzte Etappe des Alaska Highway unter die Räder,

machen einen guten Stundenschnitt und kommen am Abend in Dawson Creek, an der ‚Mile 0‘

müde, aber wohl behalten an.

Von 24 Tagen nördlich von 60° nördlicher Breite hatten wir nur drei Tage Regen – wahrlich eine schöne Bilanz.

 

Unsere Fahrt durch die kanadischen Rockies und der Weg über die Plains werden im nächsten Blog im Mittelpunkt stehen.

5 Antworten auf „Sommer in Alaska“

  1. Hallo meine Lieben!
    Beeindruckend und wundervoll!
    Ich freu mich schon auf die vielen weiteren Erzählungen und Bilder, wenn ihr wieder da seid!
    Lasst es Euch weiterhin so gut gehen und genießt alles so gut es geht!
    Bis bald und liebste Grüße
    Eure Claudi

  2. Hallo Kaul und Kathy,
    tolle Fotos und Erlebnisse die Ihr da in Alaska hattet.
    Auf ^dem SpotLive sehe ich dass Ihr gerade in der Gegend von Banff seit.
    Vieleicht klappt es ja tatsächlich mit einem Treffen in Kanada. Wir sind grade in Ottawa und werden von hier nach Osten und dann zurück nach Montreal und Toronto (14.08.12) fahren.
    Euch jedenfalls weiterhin eine schöne und nicht zu schnelle Fahrt bei weiterhin guten Wetter.
    Grüße aus Ottawa,
    Gerhard, Hermine und Sabine

  3. Hallo Kathy & Paul

    Ich staune immer wieder ob Euren Reiseberichten.
    Weiterhin alles Gute und ich schaue weiterhin jeden Tag kurz
    bei alteisenaufreisen.de rein.

    Gruss Otto – Schweiz

  4. wunderschön. mein geheimtipp für dich. komm doch im winter in die schweiz motorradfahren. auch wir haben berge, nebel. etc. : )
    den lachs kriegst du bei mir am tisch.
    gruss isidor

  5. Hallo Ihr Zwei,
    endlich komme ich wieder dazu, Eure beeindruckenden Berichte zu lesen. Alaska und Kanada würden uns auch gefallen! Bleibt gesund und munter, wir freuen uns auf ein Wiedersehen.
    Marianne und Dirk

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