Unterwegs in der Heimat von Zeus, Hera, Apollon, Poseidon und Athene und zum südöstlichsten Punkt Europas – Teil 2

19. September bis 21. Oktober 2022

Nachdem ich nach Osten gequert und wieder zurück in die Mitte gefahren bin, ist mein nächstes Ziel Delphi.

Gedenkstätte an eine Artelleriestellung einer Australischen Einheit im 2. Weltkrieg

Delphi war im Altertum ein Zeus- und Apollon-Heiligtum, es war aber auch schon seit dem 8. Jhdt. v. Chr. eine Pilgerstätte zu Pythia und dem Orakel. Mit der Einführung des Christentums als römische Staatsreligion im 4 Jhdt. wurde die ‚heidnische Übung‘ 391 n. Chr. durch einen römischen Kaiser beendet.

Tempel des Apollon

Im 19. Jhdt. erinnerte man sich wieder an die alten Stätten und begann um 1892 mit den Ausgrabungen. Die antike Stätte war zu dieser Zeit von einem Dorf namens Kastri überbaut. Die Bewohner der Ortschaft wurden in das neu gegründete Dorf Delphi umgesiedelt, was die Sicherung und Erforschung der antiken Funde ermöglichte. Heute kann das Gelände und das Museum besichtigt werden.

Es sind zwei Dinge, die mich nachhaltig beeindrucken.

Zum einen sehe ich ‚steinhaftig‘ zum ersten Mal den ‚Nabel der Welt‚ der alten Griechen – einen seltsamen (Kopie-)Stein, von dem die Alten Griechen annahmen, er stelle den Mittelpunkt der Erde dar.

Nabel der Welt

Das Zweite war eine fröhliche Horde Jugendlicher, die zusammen mit zwei älteren Begleitpersonen durch die Ruinen stromern. Wortreich teilt sich der männlichen Begleiter der Gruppe mit – ich vermute es ist ihr Lehrer. Er erklärt einer Gruppe, ihn umringender Jugendlicher, was sie da sehen und wie das in das gelernte Geschichtsbild passt.

Schatzhaus der Athener
Stadion

Ich setze mich auf eine Balustrade vor dem Theater genieße die Szenerie, als ein paar Augenblicke später eine Dame, offensichtlich die zweite Begleitperson der Gruppe – in gehörigem Corona-Abstand – neben mir Platz nimmt. Sie regt offensichtlich ihre Schülerinnen an, einen auswendig gelernten Text an authentischer Stelle zu rezitieren – altgriechisch und deutsch. Vier von ihnen nehmen sich ein Herz und beginnen mit der Vorstellung. Im Chor und in einzelnen Rollen sprechen sie einen gutsitzenden Text ohne zu zögern oder zu stottern – sehr beeindruckend!

Der Auftritt verdient einen Applaus!!

Theater

Auf meine Frage, ob es sich bei der Gruppe um die Abi-Klasse eines Humanistischen Gymnasiums handele, war die Antwort der Schülerinnen wie aus der Pistole geschossen ‚Maximiliangymnasium München‘. Und neben mir sitzt die Latein-Lehrerin der Klasse.

Kompliment – so einen Vortrag erhält man nicht jeden Tag!!

Und Sokrates hat doch nicht recht mit dem was er vor gerade mal 2.400 Jahren sagte. Er wird folgedermaßen zitiert:

„Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“

>>Ich wünsche viel Erfolg beim Abi!!<<

Auf dem Weg zum ganz in der Nähe von Delfi gelegenen Kloster Hosio Lukas kann meine Perla Negra  II wieder mal ein kleines Jubiläum feiern: sie nimmt gerade den km 160.000 unter die Räder.

Perla Negra II: 160.000 km

und sie läuft und läuft und läuft.

Das Kloster im 10. Jhdt. als Einsiedelei gegründete und immer noch aktive Kloster, eines der drei bedeutendsten byzantinischen Klöster in Griechenland, will ich mir natürlich nicht entgehen lassen, ich fahre also hin.

Kloster Hosios Lukas
Mönche haben Sinn für Symmetrie

Mein nächstes größeres Ziel ist Olympia, das mitten auf der Halbinsel Peleponnes liegt. Ich nehme ich die Strecke entlang der Westküste des Golfs von Korinth und überquere die Landenge und damit auch den Kanal an der schmalsten Stelle des Isthmus von Korinth, der Landenge zwischen dem griechischen Festland und dem Peloponnes.

Kanal von Korinth

Von Korinth gibt es für mich nur einen Weg nach Olympia: ich fahre durch die Berge. Gleich hinter der Küste führen kleine Täler in die schroffen Berge nach Süden, die mich auf engen und eher schlechten Straßen fast verschlingen. Schluchten und Passstrecken führen mich durch eine verwunschene Welt. Kleine Dörfer mit sehr engen Straßen, an denen die Alten auf kleinen Stühlen vor der Haustüre sitzen und nur manchmal meinen Gruß erwidern.

F 104 Starfighter – Erinnerung an alte Zeiten an einer Straßenkreuzung

Das Wetter ist durchwachsen, doch der Regen kommt zum Glück erst während  einer Pause in einem Café – in the middle of nowhere. Ich bin der einzige Gast und die Wirtin wundert sich, woher ich wohl käme. Der Kaffee ist gut, ich lasse mir Zeit um den Regen abzuwarten.

Olympia ist ein kleiner Ort, der vor allem durch das Olympische Komitee und die Unmengen von Touristen am Leben gehalten wird.

Olympia

Natürlich besuche ich das historische Olympia – oder vielmehr das, was davon an Steinen übriggeblieben ist. Nein, nicht nur Steine, sondern auch das Stadion, das ein Fassungsvermögen von 45.000 Zuschauern – nur Stehplätze – hatte, ist noch da. Die Olympischen Spiele wurden zu Ehren von Zeus aufgeführt und waren vor allem und zuallererst eine Handlung zur Verehrung des Göttervaters. Doch bei der Lektüre der Geschichte über die Spiele stellt sich schnell heraus, dass sie, wie die Spiele der Neuzeit auch, in Kommerz, Doping und Korruption versanken. Trotzdem bleib die Faszination an den Spielen, an Sport und Ehre über gut 1.100 Jahre bestehen (776 v.Chr. – 393 n. Chr.). Zum Ausgang der Antike und auch hier mit dem heraufziehenden Christentum versanken die Spiele und der Ort in Bedeutungslosigkeit, sie waren dem Vergessen überlassen.

Erst um die Jahrhundertwende zum 19. Jahrhundert erinnerte man sich wieder an den Ort und seine Geschichte und begann die alten Stätten vom Schlamm zu befreien und wieder ans Tageslicht zu holen.

Philippeion
Das antike Tor zum Stadion – heute würde es Marathontor heißen

Für mich ist es interessant und ein seltsames Gefühl quasi auf den Schultern der Altvorderen unserer Kultur und der europäischen Geschichte durch die Überreste eines Heiligtums zu laufen, das durch die modernen Olympischen Spiele nahezu in allen Aspekten wieder so nah an unsere Gegenwart gerückt ist.

Ganz unspektakulär, das Stadion mit Platz für 45.000 Zuschauer

Wieder durch die Berge führt mich meine Route weiter nach Sparta – eine moderne Stadt, die wegen des ’spartanischen Lebens‘ der Alten so gut wie keine Überreste aus dem Altertum zeigen kann.

Doch auf dem Weg dorthin begegne ich einem Kuriosum. In Andritsaina, einer kleinen Ortschaft, an finde ich an der Straße einen Baum, der immerwährend Wasser speit – die Griechen haben es schön 😉

Der ‚Quell-Baum‘ in Andritsaina

Sparta lasse ich seitlich liegen und fahre weiter in den Süden, nach Gythion, wo ich am Strand für ein paar Tage Pause mache – nicht, weil ich sie dringend nötig hätte, nein, ich warte vielmehr auf die nächste Fähre nach Kreta, sie soll mich von Gythion nach Kissamos bringen.

Das gibt mir Zeit die mittlere der drei in den Süden ragenden Halbinseln des Peloponnes zu erkunden. Mani, wird sie genannt und man erzählt mir, dass es bis in die 80-er Jahre noch üblich war, Streitigkeiten mit der Blutrache auszutragen – sehr archaisch. Und so fühlen sich Landschaft und die Orte auch an.

Vor mir die Halbinsel Mani

Die Küste ist sehr schroff und die Dörfer bestehen aus Häusern, die aussehen als wären sie Ecktürme von Stadt- oder Burgmauern.

Typisches Mani-Dorf – jedes Haus eine Festung

Kaum eines der Dörfer liegt direkt am Wasser, vielmehr ist es so angelegt, dass es weder vom Wasser noch zu Land leicht zu erreichen sind. Erst fast ganz im Süden, in Gerolimenas finde ich eine Taberna im kleinen Hafen mit Fischerbooten und einem steinigen Strand.

Gemütliche Taverne in Gerolimenas

Hier spricht, anders als sonst in Griechenland, niemand englisch, doch mit Händen und Füßen kann ich mich dann doch verständigen und erhalte auch einen guten Kaffee. Nebenan sitzt ein Österreicher aus Eisenstadt, wie er mir erzählt. Er sei schon seit Anfang des Jahres auf Achse, schlafe in seinem SUV und komme vom Ararat, ganz hinten in der Türkei. Ich werde ihn vor der Überfahrt in Gythion wieder treffen.

Gytheio – im Hafen, Kreta wartet schon
da kommt die Fähre

Die Überfahrt nach Kreta – spannende Sache – kommt im nächsten Blog, also dranbeleiben.