Riesenpalmen und Bergdschungel

Kilometerstand in Salento: 9781 km

Motorradfahren ist sicher eine der schönsten Fortbewegungsarten, auch wenn das nicht alle so sehen wie ich. Aber ich muss auch zugeben, dass man nicht alle schönen Dinge ‚erfahren‘ kann, manche muss man halt doch ‚erlaufen‘. Dieser Erkenntnis hab ich mich gebeugt, als ich in Salento ankomme und höre, dass im Cocora-Tal eine wunderbare Landschaft und die höchsten Palmen der Welt zu entdecken sind.

Im Verlauf einer Präsentation über den Anbau und die Verarbeitung von Kaffee lerne ich zwei junge Männer kennen, der eine ist John aus England und der andere Dorian aus Siegen. Sie wollen morgen das Cocora Tal erwandern und als ich sie frage, ob ich mich anschließen darf, stimmen beide zu.

So kommt es, dass wir um 9:30 Uhr, gut gefrühstückt, im Jeep sitzen um an den Ausgangspunkt unserer Tour zu kommen.

Von Tim, einem Engländer, Besitzer des Hostels Plantation House haben wir uns je ein Paar Gummistiefel ausgeliehen, er hat sie wärmstens für die Tour empfohlen – kaum dass wir unterwegs sind, wissen wir warum.

Die Jeeps bringen uns ans Ende der Strasse, von wo wir uns aufmachen, von hier auf  etwa 2200 m zur 2890 m hoch gelegenen Hütte Acaima zu gelangen.

Der Weg ist alles andere als leicht zu gehen. Wegen des intensiven Regens der letzten Tage und Wochen ist er schlammig und nicht selten bleiben wir mit den Stiefeln im Morast stecken. Wir versuchen auf den Kuhweiden weiter zu kommen, aber auch da kommen überschwemmte Passagen, die wir auf Pfadfinderart (mal über den Stacheldraht, mal unten durch) passieren müssen.

Die Wolken hängen im Tal, kaum zweihundert Meter über uns begrenzen sie unsere Sicht. Kaum anzunehmen, dass wir heute die Sonne sehen werden – und so ist es dann auch. Aber der Reihe nach. Staunend stehen wir vor den ersten Wachs-Palmen, dem Nationalbaum Kolumbiens. Er wird leicht 60 m hoch und kann 120 Jahre alt werden. Seltsam sehen diese schlanken Riesen aus, mitten in den Bergen, niemand würde sie hier erwarten. Sie stehen weit auseinander auf den Bergwiesen und säumen die Kanten der ansteigenden Bergkämme, bis sie im Nebel verschwinden – unwirklich wirkt die Szenerie.

Nach einer knappen Stunde Weg auf dem Talboden kommen wir an den Bach, der uns nach oben begleiten wird. Noch haben wir keine Ahnung, wie oft wir diesen reißenden Bach queren müssen, um auf die Hütte im Naturpark Acaime zu kommen. Am Ende werden es sechs Überquerungen, von der nur eine über eine Hängebrücke führt, bei allen anderen stellen drei oder vier Baumstämme ohne weitere Sicherungsmaßnahmen die Brücke dar.

Für die Mutproben werden wir am Ziel reichlich belohnt. Eine Frau, die hier oben lebt, kocht für die Tourengeher in ihrer primitiven Küche Kaffee, Schokolade oder mischt ein Refresco (Limonade). Dafür erhält sie von jedem Ankömmling 3000 Pesos (1,20 EUR). Sie füttert aber auch die hier zahlreich vorkommenden Kolibris, so dass die sich kaum eine Meter entfernt an die Trinkschale setzen um einen kräftigen Schluck Zuckerwasser zu ergattern. Für uns Fotografen eine schöne  Möglichkeit diese schnellen und flinken Vögel vor die Linse zu bekommen.

Auf dem Rückweg müssen wir nochmal fast 300 Höhenmeter nach oben um wieder ins Tal zu den Jeeps zu kommen und um die sechs Brücken zu vermeiden.

Am Ende sind wir nach siebeneinhalb Stunden rechtschaffen müde und hungrig – aber schön war es doch, auch ohne Motorrad.

Kilometerstand in Cali: 10.000 km

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4 Antworten auf „Riesenpalmen und Bergdschungel“

  1. Hallo Paul,
    ich wünsche dir von Down Under alles Gute zum Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins „Neue“ Rentner Jahr. Wir sind gerade nach 7 Wochen und knapp 9000 Auto KM (dazu kommen noch ein paar Flugmeilen) durch Australien im Süden im Yarra Valley angekommen. Dort machen wir eine Woche Urlaub bevor wir weiter nach Neuseeland fliegen. Es tut auch mal gut nichts zu tun. Machs gut und weiterhin alles gute vorallem mit der Maschine. Wir sollten uns wenn wir wieder im schneeschippenden Bayern sind unsere Erfahrungen austauschen.

    Bis dahin sein gegrüßt

    Fritz

  2. Hallo Paul,
    wir hoffen du hattest ein frohes Weihnachtsfest und ein paar besinnliche Tage, sofern das bei diesen tollen Eindrücken überhaupt möglich ist.
    Wir alle haben uns gestern von Anton und Anke verwöhnen lassen………Und…………………………hast du’s gespürt???
    Wir haben dich ganz toll hochleben lassen und auf dich angestoßen.
    Lieber Paul auf deiner weiteren Tour wünschen wir dir zu deinen schönen Eindrücke, besonders viele Begegnungen mit interessante, tolle Menschen.
    Hans und Antonie

  3. Hallo Paul

    echt toll dich hier in Quito EC getroffen zu haben. Sozusagen als Tür- und Landesnachbarn. Wahnsinns gute Homepage … werde dich, auch wenn ich leider wieder irgenwann nach Hause muss, auf deiner Page verfolgen 🙂
    Jedenfalls wünsche ich dir auf deiner Tour weiterhin alles Gute … möge es der Wettergott immer git mit dir meinen. Wer weiss … vielleich begegnet man sich wieder einmal. Hat ja schon mal geklappt 🙂

    dein Quitonachbar aus AT
    el Loco con Moto (Africa Twin)

    Gerhard

  4. ….Du siehst glücklich aus nach Deinem „Wachspalmenausflug“ im Naturpark Acaime. Simmel fühlt sich sicherlich ebfalls wohl in der Bücherauslage zwischen Sören Kierkegaard und Kant.
    Viele Bilder begleiten mich durch den Tag – weiterhin gute Reise.
    Susanne und Lutz

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