Weihnachten am Äquator

Kilometerstand in Quito: 10.738 km

Seit Bogota bin ich, wie ihr wisst, alleine unterwegs und habe fast ganz Kolumbien nach Süden durchfahren. Viele Reisende haben das vor mir gemacht und auch ich empfinde es als eine ungezwungene Möglichkeit Natur und Kultur eines Landes in den Dosen zu genießen, die gerade für mich richtig sind. Und immer dann, wenn es darum geht, bei Unternehmungen nicht alleine zu sein, sind Gleichgesinnte in der Nähe, die sagen ‚komm doch mit‘ oder die ich frage, ob ich mich anschließen kann. Das war so in Bogota und auch im Corca-Tal.

Nun aber kommt Weihnachten, das ist eine Zeit, in der keiner gerne alleine ist – ich auch nicht. Obwohl ich mich mit dem Gedanken schon vertraut gemacht habe, die Tage auf der Strasse, quasi unterwegs zu verbringen.

Hier fängt meine Weihnachtsgeschichte 2010 an.

Schon in Calí, im Süden Kolumbiens sagen mir die Leute im Hostel, die Strasse zwischen Popayan und Pasto sei gesperrt, da ein Erdrutsch die Strasse auf 150 m mit ins Tal genommen hat. Natürlich fahre ich weiter bis Popayan und mache mich dort schlau über die momentane Situation. Die Leute in Popayan sagen, dass Motorräder doch durchkommen könnten. Auch ein Polizist bestätigt das. Ich also los auf der Strasse Richtung Pasto.

Nach einer Stunde laufe ich auf einen Stau – den scheint die gesperrte Strasse zu bewirken – als Motorradfahren mach ich es wie die anderen auch und fahre langsam auf der Gegenfahrbahn vorbei , denn Gegenverkehr gibt es nicht – 12 km weit. Je weiter ich nach oben komme, umso dichter wird der Mopedverkehr. Wie der Karpfen im Forellenteich kurz vor dem Abfischen komme ich mir mit meiner großen Maschine inmitten aller anderen 125er vor. Bis zur Stelle, an der ein Militärpolizist vor mir steht und mir unzweideutig zu verstehen gibt, dass ich hier erst mal mein Motorrad abstellen muss, denn frühestens in einer halben Stunde würde die Strasse für eine kleine Anzahl von Fahrzeugen geöffnet.

Um mich herum steht alles kreuz und quer – Ordnung ist doch nur eine Sonderform von Chaos – denn scheinbar weiß jeder was er tun muss, damit die Situation beherrschbar bleibt.  Ich stell mich irgendwo in das Getümmel und sondiere die Lage. Nach ein paar Minuten kommt wie aus dem Nichts ein junger Mann in BMW Kluft auf mich zu, und sagt ‚hey Paul where do you come from and where do you go?‘ und stellt sich selbst vor. Ich trage meinen Vornamen an der Jacke, so konnte er wissen, wie ich heiße. Er heißt Shane, kommt Chicago. Er verschwindet wieder und taucht mit zwei Flaschen Cola wieder auf. In dem Chaos beschließen wir, fürs Erste zu versuchen zumindest den Erdrutsch gemeinsam zu durchfahren. Auf der Abfahrt sehen wir einen ebenso langen Stau wie vor dem Bergrutsch. Die Busse, PKWs und LKWs stehen hier seit mehr als drei Tagen – sie sind nicht zu beneiden und wir sind froh durchgekommen zu sein.

Hundemüde kommen wir am Abend in Pasto an. Wir quartieren uns in einem Hotel ein und stellen beim Abendessen fest, dass wir ziemlich die gleiche Strecke vor uns haben. Trifft sich gut, weder er noch ich werden somit Weihnachten alleine verbringen.

Am Heiligen Abend schaffen wir es nur bis Ibarra, da uns der  Grenzübertritt fünfeinhalb Stunden gekostet hat – alle Systeme waren auf der ecuadorianischen Seite ausgefallen. Die Warteschlange vor dem Büro der Migracion bewegt sich nur im Schneckentempo.

InIbarra gehen wir schön zum Essen und unterhalten uns prächtig. Mein Hl. Abend war gerettet.

Nun, die Amerikaner feiern ja erst am Weihnachtsfeiertag und so denke ich, werde ich mich morgen revanchieren können.

Von einer Gruppe Kanadier, mit denen ich seit Bogota in Mailkontakt bin, sie kurven mit ihren beiden F 800 GS gerade im Norden von Kolumbien rum, bekomme ich am Weihnachtstag eine Mail, dass Freunde von ihnen in Quito wären. Um sie kontaktieren zu können schicken sie deren Blog Adresse. Shane und ich sehen uns den Blog beim Frühstücken an, es sind Daryll und Angela, die auf einer Reise von Vancouver nach Ushuaia und von Südafrika nach England sind – einmal runter und drüben wieder rauf. Ohne weitere Aktivitäten machen wir uns von Ibarra nach Quito auf den Weg. Auf dem Weg dorthin fahren wir über den Äquator – ein Grund für uns an- und den Augenblick festzuhalten.

In Quito angekommen, ist unsere Idee, uns in der alten Stadt einzuquartieren, aber die Hotels sind alle ausgebucht – es ist ja schließlich Weihnachten. Wir beschließen, in der Neuen Stadt unser Glück zu versuchen. Am Plaza Foch stellen wir unsere Mopeds ab und Shane beginnt die umliegenden Hotels zu Fuß abzuklappern.

Nach einer viertel Stunde kommt ein junger Mann auf mich zu, spricht mich in englisch an und fragt, ob ich zu dem Biker gehöre, der gerade auf Hotelsuche zu Fuß unterwegs ist – natürlich. Er habe gerade die beiden kanadischen Biker getroffen und würde in ein paar Minuten mit ihnen um die Ecke kommen. Er selbst sei Daniel und auch Biker, er habe noch zwei Kumpels, Mario und Jorge, mitgebracht. Wir kommen schnell ins Gespräch. Ein paar Minuten später kommt Shane mit Angela und Daryll um die Ecke – welch ein Hallo.

Von rechts nach links: Mario, Angela, Daryll, Daniel, Shane und Paul

So sitzen wir eine halbe Stunde später – wir haben zwischenzeitlich unser Hotel bezogen – beisammen, eine muntere internationale Bikertruppe, und feiern gemeinsam.

Feliz Navidad‚, ‚Merry Christmas‚ und ‚Frohe Weihnachten‚ .

Biker sind nie allein – und schon gar nicht zu Weihnachten!

Soweit meine kleine Weihnachtsgeschichte von unterwegs.

In Ecuador geht es weiter, also bis zum nächsten Mal.

6 Antworten auf „Weihnachten am Äquator“

  1. Hallo Paul,
    ich wünsche Euch allen zusammen weiterhin ein gute und sichere Fahrt. Viel Spaß an Silvester und alles Gute für 2011.
    Marianne

  2. Hallo Paul
    so kenn ich dich ,immer ein Gespür für nette Menschen
    ich wünsche dir einen tollen Start ins Jahr 2011 und viel Spaß bei der Weiterfahrt
    bleib weiter so fitt und frohen Mutes
    Gerhard

  3. Hallo Paul und Freunde

    Wir wunschen auch einen guten Rutsch in’s neue Jahr. Viel spass und einen sicheren Fahrt1
    Peter und Wilma

  4. Nachträglich frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.
    wünscht dir Michi und deinen Gefährten,

    Martin und Josefine Moser aus dem verschneiten Bayern

  5. Hallo Paul,
    auch wir verfolgen Deine Reise und freuen uns über
    die Berichte.
    Auf diesem Weg für das neue Jahr viel Glück und alles Gute,
    weiterhin eine gute Abenteuerfahrt.
    Barbara u.Wolfgang, La.

  6. Hallo Paul, alles Gute im neuen Jahr und immer unfallfreie Fahrt wünscht dir Ludwig und Inge.

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